Buchgedanken | Throne of Glass: Die Erwählte - Sarah J. Maas

November 23, 2019


Die ersten Seiten des Buches und die zahlreichen euphorischen Stimmen zu Throne of Glass versprachen mir nervenaufreibende Kampfszenen und politische Intrigen mit einer taffen Protagonistin: Celaena Sardothien, die berühmt-berüchtigte Assassine des Königreiches Adarlan, wird in einer Salzmine gefangen gehalten, bis sie eines Tages in die Stadt Rifthold gerufen wird. Dort soll sie für den Kronprinzen einen tödlichen Wettkampf bestreiten, dessen Sieger (oder Siegerin) die blutige rechte Hand des tyrannischen Königs werden wird. Ich hatte die Hoffnung - und auch die Erwartung - von einer phantastischen Version der Tribute von Panem in einer Welt wie der von Game of Thrones zu lesen. Doch meine anfängliche Begeisterung wich bald der bitteren Enttäuschung. Nach wenigen Kapiteln rückte der angekündigte Kampf um Leben, Tod und Freiheit schnell in den Hintergrund. Stattdessen liegt der Fokus auf einer vorhersehbaren und faden "Liebesgeschichte" ohne Spannung und Authentizität sowie "mysteriösen" Morden und Monstern, die in dieser trivialen Fantasy-Geschichte allzu aufgesetzt wirkten. 

BUCHGEDANKEN

Mit der Protagonistin hatte ich von Beginn an Schwierigkeiten. Wie eine Assassine, die gemäß der Ordensphilosophie eigentlich im Verborgenen, in den Schatten und mondlosen Nächten arbeitet, zu namentlicher Berühmtheit gekommen ist, ist nur eines von vielen Rätseln. Celaenas zentrale Charakterzüge sind Arroganz und Selbstverliebtheit. Die regelmäßige und andauernde Wiederholung, dass sie die ALLERbeste Assassine des ganzen Königreiches sei, hat diesen Eindruck nur noch verstärkt. Sobald Celaena jedoch mit ihrer Eskorte in Rifthold angekommen ist, nimmt man ihr die abgebrühte Assassine nicht mehr ab. Während sie auf der Reise zunächst noch überlegt, wie sie die Soldaten ausschalten und sich aus dem Staub machen kann, drehen sich ihre Gedanken und Sorgen bald nur noch um prunkvolle Kleider und königliche Bälle.

In ihrer Rolle als Lady Lillian Gordaina - denn schließlich soll keiner der anderen Wettkämpfer erfahren, dass sie es mit der ALLERbesten Assassine des Landes zu tun haben - und dank der Annehmlichkeiten, die sie dadurch am königlichen Hof genießt, blüht Celeana richtig auf. Die Folgen ihrer einjährigen Gefangenschaft in einem Arbeitslager (!) werden schnell abgehandelt und beziehen sich nur auf Oberflächlichkeiten: Umgeben von den schmackhaftesten Speisen und Delikatessen kann sie zunächst kaum etwas bei sich behalten. Ihre dünne und ausgemergelte Gestalt betrübt Celeana zutiefst, da sie dadurch ihrer einstigen Schönheit beraubt ist, die Quelle ihres Stolzes. Diese jedoch ist schnell wieder hergestellt und so erinnern nur noch die Narben auf ihrem Rücken an die Gefangenschaft. Warum, fragte ich mich, ist es notwendig Celeana diesen Hintergrund zu geben, wenn man nicht gewillt ist die tatsächlichen Folgen einer solchen Gefangenschaft, in der physische und psychische Misshandlungen erlebt wurden, zu thematisieren? Celeana schüttelt die Erfahrung von Folter schneller ab, als sie sich körperlich von Unterernährung und der harten körperlichern Arbeit in den Salzminen erholt. 

Je mehr ich über Celaena las, desto klarer wurde mir: Sie ist keine eiskalte Assassine, sie ist ein oberflächliches Püppchen, auch wenn mir ihre Darstellung eine schillernde Heldin verkaufen soll: Eine schöne und kluge, ja sogar gebildete und musikalische, junge Frau, eine ausgezeichnete Kämpferin und magiebegabt. Wenn sich zukünftig noch offenbart, dass sie die verschollene Prinzessin irgendeines Königreiches ist ... Ihre (scheinbare) Perfektion lässt sich in folgenden Bänden wohl kaum noch überbieten. Die erzeugte Erwartungshaltung des Marketings und des Textes passen einfach nicht mit der tatsächlichen Inszenierung der Geschichte zusammen.Wenn ich mich auf eine Assassinen-Story freue, möchte ich keine Prinzessin-trifft-Prinz-Geschichte serviert bekommen, zumindest nicht vordergründig.

Der nächste große Störfaktor: Die Handlung, wenn man sie denn als solche bezeichnen möchte. Wie schon erwähnt, vergisst Celeana in dem Moment, in dem sie den königlichen Hof betritt, dass sie eine (die ALLERbeste!) Assassine ist. Würde sie sich daran erinnern, dann könnte sie doch eigentlich den Wettkampf und damit ihren Weg in die Freiheit abkürzen, indem sie den König tötet, oder? Den Mann, der nicht nur aus unerfindlichen Gründen den gesamten Kontinent mit Angst und Schrecken überzieht, sondern auch für Celeanas eigenes Leid verantwortlich ist. Nicht? Nun ja, dann auf in den tödlichen Wettstreit! Moment, denn zunächst sollen die Wettstreiter Prüfungen bestehen und ihr Geschick im Klettern, Bogenschießen usw. beweisen. Es ist auch gar nicht mehr notwendig, dass die Wettstreiter gegeneinander antreten, denn einer nach dem anderen wird auf mysteriöse Weise ermordet. Von großer Bedeutung sind Celeanas Ermittlungen jedoch auch nicht. Der Fokus des Buches liegt auf ihren Flirtereien mit Prinz Dorian, oder wenn der gerade nicht verfügbar ist mit Hauptmann Chaol Westfall, und den damit zusammenhängenden albernen Eifersüchteleien. An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass auf diesen gut 500 Seiten die ALLERbeste Assassine des Kontinents keinen einzigen Mord begeht. Stattdessen werden hier die Seiten mit Wiederholungen und inhaltslosen Dialogen gefüllt.

Throne of Glass fehlt es einfach überall an Tiefgang. Lediglich Nehemia, Prinzessin von Eyllwe und gezwungermaßen Gast des Königs von Adarlan, war für mich die einzige interessante Figur, über die ich gern mehr gelesen hätte. Leider spielt sie nur am Rande eine Rolle - schließlich ist hier Celeana der Star, das sollten wir nicht vergessen... Sarah J. Maas hat das eigentliche Potenzial ihrer Idee vollkommen verschenkt. Wäre sie mal bei ihrer ursprünglichen Idee geblieben - einem Cinderella-Makeover, bei der sie nicht auf den Ball kommt. um mit dem Prinzen zu tanzen, sondern um ihn zu töten. Die Prämisse allein ist schon spannender als jede Zeile von Throne of Glass. Wer also eine aufregende Geschichte über Assassinen lesen möchte, sollte lieber die Finger hiervon lassen oder zum Ausgleich eine Runde Assassin's Creed spielen (so wie ich). Wer jedoch auf der Suche nach seichter Fantasy-Lektüre mit starkem Fokus auf der Liebesgeschichte ist, könnte hier fündig werden.

FAZIT: KATASTROPHE


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Literaturverweis:
Sarah J. Maas (2013): Throne of Glass. Die Erwählte. München: dtv

Bildrechte: Inken Pacholke (Wörterwelten)
Die Rechte an den Covern unterliegen dem jeweiligen Verlag & Designer.

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1 Gedanken

  1. Hallo, ich bin ganz zufällig über deinen Lovleybooks-Account auf deine Blogseite gestoßen und irgendwie bei diesem Artikel gelandet, der zwar schon etwas älter ist, und ich auch nicht weiß, ob du meinen Kommentar bemerkst. Aber ich dachte mir, ich schreibe trotzdem einen. Also ich finde deine Kritik recht amüsant geschrieben. Klingt es komisch, wenn ich sage, dass ich Spaß dabei hatte, sie zu lesen? Mich hatte ToG sowieso nie gereizt, weil die Story nicht so spannend klang, und ich auch gar nicht weiß, was man in sieben Bänden alles dazu schreiben kann. Dafür habe ich aber Das Reich der Sieben Höfe 1 gelesen. Ich mochte das Buch (auch wenn ich das Ende überhaupt nicht gut fand bzgl. Genveränderung und so, ne), aber ich habe irgendwie etwas gegen den Hype, der mir nicht ganz so berechtigt scheint. Ich könnte den ganzen Booktubern einige Bücher zeigen, von denen diese noch nie gehört haben, aber weitaus besser sind. Trotzdem möchte ich die Reihe noch zu Ende lesen. Zu dem neuesten Buch von Sarah J Maas stehe ich schon wieder kritisch - mich beschleicht das Gefühl, dass sie sich in ihrem Schema wiederholt.
    Liebe Grüße,
    Piecewartenoch

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